Es fühlt sich ein wenig surreal an. Seit etwa einem Jahr liege ich Freunde und Familie mit der Idee des PCT in den Ohren. Und nun sind es noch ziemlich genau 36 Stunden bis ich in einen Zug steige, der mich nach Frankfurt bringt um von dort über Seattle nach San Diego zu gelangen. 36 Stunden und ich fühle blanke Panik in mir aufsteigen. Was denk ich mir denn nur dabei?
Okay, ich gebe zu, an meiner Situation bin ich nicht ganz unschuldig. Ich habe mir erst vor zwei Tagen ein Zelt bestellt. Die Vorgänger-Unterkünfte mussten leider alle wieder zurück, da ich entweder zu wenig Platz hatte, oder ich mir von vornherein Quatsch bestellt habe (oder eine Mischung aus beidem). Dieses ist nun auf den Weg in die USA und dort werde ich es aufgreifen müssen. Meine Regenjacke? Das gleiche Problem! Es gab einfach viel zu viel Auswahl. Ich konnte da nichts für, ehrlich! Ich meine, ja, okay, ich hatte quasi ein ganzes Jahr Zeit mich um alles zu kümmern. Das Visum habe ich auch schon etwas länger. Aber ich denke man unterschätzt leicht, was es für ein Aufwand ist aus seiner Wohnung auszuziehen, Geld zu verdienen und etwas Reisefertig zu werden.
Nun hab ich den Salat. Ich reise für etwa 6 Monate in die USA und habe es leider vorher versäumt eine Nacht draußen zu schlafen, geschweige denn meine Ausrüstung zu erproben und zu testen. Wenn ich das so niederschreibe fühle ich mich alleine schon in meinem Bemühen leicht deplatziert. Dabei klingt der theoretische Plan ganz gut: Jannis (ein Mitleidender, der verrückt genug war auf diese Idee einzugehen) und ich nehmen am 9.4. einen Flieger nach San Diego. Dann übernachten wir eine Nacht in einem Hostel um am darauffolgenden Tag von Scout & Frodo (bekannte Trail-Angel) abgeholt und zu deren Haus gefahren zu werden. Von dort koordinieren wir die nächsten 2 Tage. Wir müssen uns Sim-Karten besorgen, zu diversen Outdoor-Läden fahren und uns mit den Mysterien des amerikanischen Postsystems vertraut machen. Am 12.4. werden wir dann hoffentlich zum südlichen Terminus des PCT’s gefahren, von wo aus wir loswandern. Ende Juni versuche ich dann am Lake Tahoe zu sein um von dort einen Zug nach San Francisco zu nehmen, dann einen Flieger nach Europa zu erwischen um letztendlich irgendwie zur Hochzeit meines Bruders zu gelangen. Eine Woche hier in der Heimat und vielen vertilgten Kalorien später mach ich genau das gleiche nur andersherum um dann am Lake Tahoe wieder zu starten und meine verlorenen Hiker-Buddys zu finden. Dann nur noch vor Wintereinbruch in Washington sein um nicht zu erfrieren und tada! Schon ist man in Kanada! Klingt einfach, oder?
Nein, ich weiß. Klingt eigentlich ziemlich verdreht und merkwürdig alles. Die Gerüchte eines Rekord-Schnee-Jahres und die dazugehörigen Insta-Storys von anderen Wanderern, die ich mir seit Tagen anschaue, werden mir heute auch nicht beim Einschlafen helfen. So werden die schlaflosen Stunden eben in eine Spotify-Playlist investiert. Vielleicht hilft mir die ja irgendwann beim einschlafen.